Aktualisiert am 4. Januar 2022 von Ömer Bekar

Ist eine einvernehmliche Einigung nicht möglich, treffen sich die beteiligten Parteien nicht selten vor Gericht wieder. Nun kann aber nicht jeder die Gerichtskosten aus eigener Tasche bezahlen oder sich einen Anwalt leisten. Um zu gewährleisten, dass auch Menschen mit geringem Einkommen und begrenzten finanziellen Möglichkeiten ihre Rechte vor Gericht verfolgen oder verteidigen können, gibt es die Gerichtskostenbeihilfe.

Was ist Gerichtskostenbeihilfe und wer hat Anspruch darauf?

Die Gerichtskostenbeihilfe ist eine finanzielle Hilfe des Staates. Sie soll sicherstellen, dass auch denjenigen, die die Kosten eines Prozesses nicht selbst aufbringen können, die Möglichkeit, einen Rechtsstreit vor Gericht zu führen, nicht verwehrt bleibt. Die Bezeichnung Gerichtskostenbeihilfe ist dabei der umgangssprachliche Ausdruck, das Gesetz nennt diese Leistung Prozesskostenhilfe oder kurz PKH. Betrifft der Prozess das Familienrecht, wird hingegen von der Verfahrenskostenhilfe gesprochen. Grundsätzlich kann Gerichtskostenbeihilfe für fast jeden Prozess beantragt werden, unabhängig davon, ob der Antragsteller Kläger oder Beklagter ist. Nun sollen aber natürlich nicht ständig Gerichtsverfahren aus der Staatskasse bezahlt und damit letztlich auf Kosten der Allgemeinheit geführt werden. Aus diesem Grund knüpft der Gesetzgeber die Gewährung von Gerichtskostenbeihilfe an drei Bedingungen:

1. Der Antragsteller darf wegen seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht dazu in der Lage sein, die Kosten der Prozessführung selbst aufzubringen. Gerichtskostenbeihilfe kann aber auch dann gewährt werden, wenn der Antragsteller die Prozesskosten nur anteilig oder nur in Raten bezahlen kann.

 

2. Der Antragsteller muss nach Einschätzung des Gerichts eine reelle Chance haben, das beabsichtigte Verfahren zu gewinnen.

 

3. Der angestrebte Prozess darf nicht mutwillig erscheinen. Ein Prozess wird dann als mutwillig eingestuft, wenn eine Person, die die Kosten selbst trägt, einen solchen Prozess in dieser Form nicht anstreben würde.

Werden die Prozesskosten von einer Rechtsschutzversicherung, einer anderen Stelle oder einem Dritten übernommen, wird keine Gerichtskostenbeihilfe gewährt. Außerdem besteht kein Anspruch auf Gerichtskostenbeihilfe, wenn die gesetzliche Unterhaltspflicht beispielsweise den Ehepartner oder die Eltern eines unverheirateten Kindes dazu verpflichtet, die Prozesskosten zu tragen. Eine Besonderheit gibt es daneben im Strafrecht. Während das Opfer und ein Privatkläger Gerichtskostenbeihilfe beantragen können, hat der Beklagte im Strafrecht keinen Anspruch auf die Prozesskostenhilfe. Bei ihm greift stattdessen im Bedarfsfall die Pflichtverteidigung.

Wie wird ein Antrag auf Gerichtskostenbeihilfe gestellt?

Damit Gerichtskostenbeihilfe gewährt werden kann, muss ein entsprechender Antrag gestellt werden. Dieser Antrag setzt sich aus zwei wesentlichen Bestandteilen zusammen:

  • Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Für den eigentlichen Antrag gibt es keinen Vordruck, sondern der Antragsteller setzt ein formloses Schreiben auf. In diesem Schreiben beantragt er zum einen die Prozesskostenhilfe. Zum anderen schildert er den Rechtsstreit möglichst ausführlich und vollständig. Dazu gehört dann auch, alle vorhandenen Beweismittel zu benennen. Möchte der Antragsteller den Antrag nicht selbst formulieren, kann er sich an einen Anwalt wenden oder seinen Antrag auch direkt beim zuständigen Gericht zu Protokoll geben. Dort können ihm die Mitarbeiter des Gerichts weiterhelfen. Anhand der Schilderung beurteilt das Gericht, ob die erforderliche Aussicht auf Erfolg gegeben ist.
  • Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Für diese Erklärung, in der der Antragsteller seine Familienverhältnisse, seinen Beruf, seine Einnahmen, sein Vermögen und seine Ausgaben angibt, gibt es ein Formular. Diesen Vordruck sollte der Antragsteller auch verwenden. Grundsätzlich kann er die Erklärung zwar auch formlos abgeben, spätestens wenn ihn das Gericht dazu auffordert, muss er das Formular aber ohnehin auszufüllen. Der Vordruck ist bei Gerichten, bei Rechtsanwälten und auch im Internet erhältlich.  Eine Mustervorlage bekommen Sie hier Die Angaben in dem Formular muss der Antragsteller mit Nachweisen wie Kontoauszügen, Einkommensbescheiden oder dem Mietvertrag samt Nebenkostenabrechnung belegen. Das Gericht prüft mithilfe der Angaben und Nachweise, ob und in welchem Umfang dem Antragsteller Gerichtskostenbeihilfe zusteht. Einen umfangreichen  Ratgeber zur Gerichtskostenbeihilfe können Sie hier gratis downloaden.

In welcher Form wird Gerichtskostenbeihilfe gewährt?

Das Gericht überprüft anhand des Antrags, ob, in welchem Umfang und in welcher Form Gerichtskostenbeihilfe gewährt werden kann. Den Beschluss teilt das Gericht dem Antragsteller dann in einem schriftlichen Bescheid mit. In diesem Bescheid steht, ob die Prozesskosten komplett oder anteilig aus der Staatskasse finanziert werden, also ob der Antragsteller selbst keine Zahlungen leisten oder ob er sich mit einer Teilzahlung an den Verfahrenskosten beteiligen muss. Für die Kosten, die der Antragsteller selbst tragen muss, kann das Gericht eine Ratenzahlung festsetzen. In diesem Fall werden maximal 48 Monatsraten in gesetzlich festgelegter Höhe fällig. Aus dem Bescheid geht außerdem hervor, ob das Gericht dem Antragsteller einen Rechtsanwalt beiordnet. Wird ein Anwalt beigeordnet, umfasst die Gerichtskostenbeihilfe sowohl die Gerichts- also auch die Anwaltskosten.

Was gilt es im Zusammenhang mit der Gerichtskostenbeihilfe zu bedenken?

Zunächst einmal ist wichtig zu wissen, dass die Gerichtskostenhilfe immer nur für den Prozess gewährt wird, der im Antrag benannt ist. Schließt sich an diesen Prozess ein Folgeverfahren an, beispielsweise eine Berufung oder Verfahren zur Vollstreckung des Urteils, muss die Gerichtskostenbeihilfe für den Folgeprozess gegebenenfalls neu beantragt werden. Ratsam ist außerdem, sich bereits im Vorfeld über die voraussichtliche Höhe der Gerichts- und Anwaltskosten zu informieren. Mit Ausnahme von arbeitsrechtlichen Angelegenheiten in erster Instanz muss nämlich die Partei, die den Prozess verliert, die Prozesskosten der Gegenseite übernehmen. Diese Kosten sind durch die Gerichtskostenbeihilfe jedoch nicht abgedeckt, denn die Gerichtskostenbeihilfe erstreckt sich ausschließlich auf die eigenen Kosten des Antragstellers. Daneben sollte der Antragsteller wissen, dass das Gericht vier Jahre lang eine Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vornehmen kann. Stellt sich heraus, dass sich die finanziellen Verhältnisse verbessert haben, kann das Gericht die festgesetzte Ratenzahlung widerrufen oder die gewährte Gerichtskostenbeihilfe sogar komplett zurückverlangen. Im Gegenzug kann die Höhe der Monatsraten aber auch nach unten korrigiert werden, wenn sich die wirtschaftliche Situation des Antragstellers deutlich verschlechtert hat.