Essay schreiben: So gelingt der Text

Aktualisiert am 1. Februar 2023 von Ömer Bekar

Infos zu Essay schreiben
In einem Essay schreiben Sie über Ihre Überlegungen zu einem Thema.

Ein Essay ist eine ziemlich freie Abhandlung über eine Frage oder ein Thema. Das Ziel ist aber nicht, dass der Autor die Thematik systematisch aufarbeitet, indem er sie beschreibt, analysiert oder erörtert. Stattdessen setzt sich der Autor mit dem Thema auseinander. Er hinterfragt es und vermittelt seine Gedanken dazu. Auf diese Weise entwickelt er nicht nur seine eigenen Ideen, sondern liefert auch dem Leser neue Denkanstöße. Doch was heißt das konkret? Wir erklären, worauf es ankommt, wenn Sie ein Essay schreiben.

In der Schule werden nur selten Essays geschrieben. Ein Grund dafür ist vermutlich, dass ein Essay ein sehr subjektiver Text ist. Deshalb lässt er sich nur schwer mit anderen Arbeiten vergleichen. Außerdem ist ein Essay oft nicht besonders lang.

Hinzu kommt, dass die Regeln nicht allzu streng sind. Zwar gibt es auch beim Essay ein paar Vorgaben. Verglichen mit anderen wissenschaftlichen Arbeiten und gängigen Textgattungen, können Sie bei einem Essay aber deutlich freier schreiben.

Doch bei einigen Ausbildungen und im Studium kann der Essay auf dem Programm stehen. Und auch wenn Sie als Autor Beiträge veröffentlichen möchten, kann immer mal wieder ein Essay gefordert sein. Spätestens dann sollten Sie wissen, wie Sie so einen Text verfassen. Wir verraten es Ihnen!

Was ist ein Essay überhaupt?

Die Bezeichnung Essay hat ihre Wurzeln im mittellateinischen Wort exagium, was übersetzt soviel wie Probe oder Versuch bedeutet. Diese Übersetzung liefert eigentlich auch schon ganz gute Hinweise darauf, worum es beim Essay geht. Im Mittelpunkt steht nämlich die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema.

Ein besonderes Merkmal dabei ist die Art und Weise, wie Sie sich als Autor der Thematik nähern. So beleuchten Sie die Frage zum Beispiel aus verschiedenen Blickwinkeln. Entscheidend sind dabei aber nicht Ihre Erklärungen oder Ihre Überlegungen als solches. Das Ziel ist vielmehr, dass Sie den Leser daran teilhaben lassen, wie sich Ihre Ideen entwickeln.

Das heißt in anderen Worten: Ein Essay ist der Versuch, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen, indem Sie kritisch hinterfragen, prüfen, diskutieren, vergleichen und begründen.

Ein kleiner Ausflug in die Geschichte

Worum es beim Schreiben eines Essays geht, wird noch etwas klarer, wenn wir einen Blick auf die Geschichte werfen und uns anschauen, wie die Textgattung entstanden ist.

Die Anfänge des Essays als literarische Textgattung liegen im späten Mittelalter. Und der französische Autor Michel de Montaigne gilt als ihr Urvater. Montaigne setzt sich seinerzeit in einer Abhandlung kritisch mit der Adagia auseinander. Die Adagia ist ein großes Sammelwerk mit Redewendungen, Weisheiten und Sprüchen.

Das Besondere an Montaignes Abhandlung war, dass er in die Rolle eines Fragenden schlüpfte. Auf seiner Suche nach Antworten stellte er die Aussagen aus der Adagia auf den Prüfstand und hinterfragte sie kritisch.

Montaigne nahm aber weder Bewertungen vor noch fällte er Urteile. Er versuchte auch nicht, selbst Antworten zu geben oder zu belehren. Stattdessen zeigte er dem Leser die Problematik auf. Gleichzeitig stieß er neue, interessante Fragen an, die aus seiner persönlichen Sichtweise heraus entstanden waren.

Der englische Philosoph und Staatsmann Francis Bacon entwickelte den Essay weiter. Anders als Montaigne behandelte er die Themen, mit denen er sich auseinandersetzte, aber nicht ohne Wertungen. Stattdessen brachte er den Essay auf eine moralische Ebene. Dazu stellte er einen Sachverhalt so überspitzt dar, dass daraus eine Konsequenz als Schlussfolgerung abgeleitet werden konnte.

Heute bewegt sich der Essay irgendwo zwischen diesen beiden Urformen. Die Textgattung wird zwar nach wie vor gerne verwendet, um zu moralisieren. Um nicht übers Ziel hinauszuschießen, fahren Sie aber am besten, wenn Sie sich merken:

Wenn Sie einen Essay schreiben, befassen Sie sich subjektiv mit einem Thema. Sie urteilen aber nicht darüber, sondern hinterfragen es nur kritisch. Dabei vermitteln Sie Ideen und Überlegungen, die den Leser dazu anregen sollen, sich selbst Gedanken zu machen.

Ein Essay schreiben – worauf kommt es dabei an?

Ein Essay behandelt ein Problem, eine Frage oder ein bestimmtes Thema. Die Aufgabe ist aber nicht, dass Sie den Sachverhalt nur beschreiben und erklären, sachlich analysieren oder erörtern. Stattdessen setzen Sie sich aus Ihrem eigenen Blickwinkel heraus mit dem Thema auseinander und schildern, was Sie darüber denken und welche Ideen Sie dazu haben.

Am Ende möchten Sie mit Ihrem Essay drei Dinge erreichen, nämlich

  • den Leser über das Thema zu informieren,
  • ihm die Problematik hinter dem Thema aufzuzeigen und
  • ihn dazu anzuregen, weiterzudenken und seine eigenen Ideen zu entwickeln.

Sie schlüpfen deshalb nicht in die Rolle eines Lehrers, der mit erhobenem Zeigefinger mahnt, Antworten liefert oder Lösungen vorgibt. Stattdessen beteiligen Sie den Leser an Ihren Überlegungen.

Erklärungen geben

Sie vermitteln dem Leser Ihre Ansichten zum Thema und erklären ihm, wie Sie dazu kommen. Welche Meinung vertreten Sie? Wie ist diese Haltung entstanden? Und warum haben Sie diese Einstellung?

Es geht im Essay weniger darum, dass Sie Ihre Gedanken klar formulieren und detailliert ausarbeiten. Sie versuchen vielmehr, dem Leser nahezubringen, wie ihre Überlegungen entstanden sind und sich entwickelt haben.

Fragen aufwerfen

In einem Essay schreiben Sie aus Ihrer subjektiven Sichtweise heraus über das Thema und vermitteln dem Leser Ihre Gedanken dazu. Dabei können Sie den Leser natürlich ein Stück weit beeinflussen und in eine bestimmte Richtung lenken.

Trotzdem geben Sie dem Leser nicht vor, was er denken oder wie er die Sache sehen soll. Stattdessen werfen Sie lediglich Fragen auf, die offen bleiben, damit der Leser diese neuen Fragen für sich selbst beantworten kann.

Welche formalen Vorgaben gelten fürs Schreiben von Essays?

Eigentlich gehört der Essay zu den wissenschaftlichen Texten. Allerdings ist er weder eine präzise Analyse noch eine sachliche Erörterung. Deshalb sind die Regeln nicht besonders streng.

Es ist durchaus gewollt, dass Sie Ihren Gedanken freien Lauf lassen. Sie müssen nicht streng wissenschaftlich arbeiten. Im Gegenteil, macht gerade eine gewisse Leichtigkeit ein gutes Essay aus.

Was die Sprache angeht, ist zum einen wichtig, dass sich der Text von selbst erklärt. Der Leser sollte alle Aussagen problemlos nachvollziehen können. Auf Fachbegriffe oder komplizierte Fremdwörter sollten Sie deshalb möglichst verzichten.

Zum anderen sollten Sie in Ihren Worten schreiben. Schließlich schildern Sie ja Ihre Sichtweise und Ihre Überlegungen zu dem Thema. Deshalb kann der Ton ruhig in Richtung gehobene Umgangssprache gehen. Schreiben Sie den Essay außerdem in Ich-Form und lassen Sie Zitate, die nicht unbedingt notwendig sind, weg.

Was die Länge angeht, erstreckt sich ein Essay meist über vier bis fünf Seiten. Dieser begrenzte Umfang macht es notwendig, dass Sie zwischen wichtigen und unwichtigen Aussagen trennen. Einzelheiten, die tief ins Detail gehen, müssen Sie nicht erwähnen. Achten Sie aber darauf, dass der Leser Ihren Ausführungen trotzdem jederzeit folgen kann.

Sehr wichtig ist außerdem, dass Sie sich wirklich mit dem Thema auseinandersetzen.

Es reicht nicht aus, wenn Sie einzelne Punkte nur beschreiben oder Ihre Argumente einfach aneinanderreihen. Beleuchten Sie das Thema stattdessen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und entwickeln Sie verschiedene Überlegungen. Schreiben Sie Ihren Essay, indem Sie über das Thema diskutieren und dabei Aussagen überprüfen, hinterfragen, Vergleiche ziehen und Ihre Ansichten begründen.

Wie ist ein Essay aufgebaut?

Wie viele andere Texte gliedert sich auch der Essay in Einleitung, Hauptteil und Schlussteil. Allerdings muss sich der Aufbau beim Essay durch den Text selbst ergeben.

Um Ihrem Text eine übersichtlichere Struktur zu verleihen, können Sie ihn natürlich in Abschnitte und Absätze unterteilen. Auch Zwischenüberschriften sind möglich. Trotzdem braucht Ihr Essay einen roten Faden, der den Leser durch den Text leitet.

Letztlich muss die Struktur also durch sprachliche Mittel entstehen. Die Gliederung in die verschiedenen Abschnitte muss für den Leser auch dann erkennbar sein, wenn Sie den Essay als Blocktext ohne Zwischenüberschriften geschrieben hätten.

Um den Gedankenfluss nicht zu unterbrechen, wird in Essays sogar oft ganz bewusst auf Zwischenüberschriften verzichtet. Genauso sind Fußnoten nicht üblich. Haben Sie Quellen zitiert, listen Sie diese in einem Literaturverzeichnis auf, das Sie am Ende hinzufügen.

Die Einleitung

Die Einleitung soll das Interesse des Lesers wecken und ihn auf den folgenden Text einstimmen. Gut ist deshalb, wenn Sie mit einer starken und originellen Aussage einsteigen. Das kann zum Beispiel ein Gedanke, ein Aufruf, eine Redewendung, eine Metapher oder ein Wortspiel sein.

Anschließend fassen Sie das Thema, die Fragestellung oder Ihre These kurz und knapp zusammen. Sie können auch andeuten, welche Streitpunkte sie diskutieren werden, welche gängige Meinung Sie hinterfragen oder welche Bedeutung die Thematik generell hat. Außerdem bringen Sie Ihre Ansicht oder Kernaussage auf den Punkt.

Insgesamt bleibt die Einleitung aber ziemlich kurz. Deshalb hat es sich bewährt, wenn Sie das Thema benennen, die entscheidende Aussage vorwegnehmen und die Gliederung Ihres Essays zusammenfassen. Dadurch weiß der Leser nämlich von Anfang an, was ihn erwartet. Gleichzeitig schaffen Sie den roten Faden, der den Leser durch den Text führt.

Der Hauptteil

Im Hauptteil vermitteln Sie dem Leser Ihre Sichtweise und Ihre Überlegungen zum Thema. Greifen Sie dabei die Gliederung auf, die Sie in der Einleitung angekündigt haben. So bleibt der rote Faden erhalten.

Wichtig ist aber, dass Sie tatsächlich über Ihr Thema schreiben, statt es nur zu beschreiben. Führen Sie also im Prinzip eine Diskussion über die aufgestellte These. Und begründen Sie Ihre Aussagen, damit der Leser Ihre Gedankengänge und die Schlüsse, die Sie daraus ziehen, nachvollziehen kann.

Insgesamt sollte Ihr Hauptteil folgende Fragen beantworten:

  • Teilen Sie die gängige Ansicht zu dem Thema? Und warum stimmen Sie zu oder nicht?
  • Wie stehen Sie zu der Thematik und wieso haben Sie diese Meinung?
  • An welchen Beispielen können Sie Ihre Haltung festmachen?
  • Wie könnten die Reaktionen auf Ihren Standpunkt ausfallen?
  • Welche Probleme könnten Ihre Ansichten hervorrufen und welche Fragen könnten dadurch aufkommen?
  • Wie können Sie kritischen Stimmen begegnen und Gegenargumente entkräften?

Verlieren Sie sich in Ihren Ausführungen aber nicht zu sehr in Einzelheiten. Sie müssen nicht alles haargenau ausführen. Konzentrieren Sie sich auf die entscheidenden Aussagen und lassen Sie belanglose, schwächere Argumente weg. Versuchen Sie, Ihre Überlegungen zu verdichten und auf den Punkt zu bringen.

Der Schlussteil

Durch den Schlussteil leiten Sie den Leser aus dem Text. Dazu sollten Sie Ihre wichtigsten Punkte und Erkenntnisse noch einmal kurz zusammenfassen. Auf dieser Basis können Sie Ihr persönliches Fazit ziehen.

Sie können aber auch auf weitere Fragen oder neue Denkweisen und Lösungsansätze hinweisen, die sich aus Ihrer Abhandlung erheben haben. Eine andere Möglichkeit ist, dass Sie einen Satz aus Ihrer Einleitung aufgreifen und als rhetorische Frage formulieren. Auf diese Weise ermutigen Sie den Leser dazu, sich seine eigenen Gedanken zu machen. Gleichzeitig ist Ihr Text in sich stimmig abgeschlossen.